Donnerstag, 29. Januar 2009

Der Umwelt zuliebe...

Fährt man nach Australien - das wissen die meisten – muss man an hohen Sonnenschutzfaktor denken. Schulkinder, die ohne Kopfbedeckung oder ausreichenden Lichtschutzfaktor zum Unterricht erscheinen, werden nicht selten wieder nach Hause geschickt. Die Ozonschicht im südpazifischen Raum ist stark beschädigt und lässt immer mehr aggressive UV-Strahlen durch. Die Zahl der Hautkrebserkrankungen im Land ist so hoch wie nie zuvor. Und doch ist das Bewusstsein der Bevölkerung für Umwelt- und Klimaschutz erschreckend niedrig. Von Stromsparen oder Mülltrennung wollen die meisten nichts wissen. Als Großexporteur für Kohle zählt Australien zu den größten Klimaverschmutzern der Welt. Viele Jahre scherte sich hier niemand um Strom- oder Wasserverbrauch. Die Folgen sind verheerend: Anhaltende Dürren und Buschfeuer halten die Bevölkerung seit Jahren auf Trapp. Das Great Barrier Reef, eines der letzten Naturwunder und größte Touristenattraktion Australiens, kämpft ums Überleben. Viel zu spät hat die Regierung den enormen Handlungsbedarf erkannt. Mit dem Amtsantritt Kevin Rudds scheint nun etwas Licht ins Dunkel des Umweltdschungels zu gelangen. Der regierende Premierminister hat einige Klima schonende Maßnahmen eingeleitet. So sollen ab 2010 nur noch energiesparende Glühbirnen verkauft werden. Und auch die Verbannung der Plastiktüte aus den australischen Läden gehört zu den Zielen Rudds im Kampf gegen den Klimawandel. Vor wenigen Tagen titelte die nationale Tageszeitung „The Australian“ folgende Schlagzeile: „Toilet poems can save paper!“ – direkt neben einer kleinen Meldung über die Amtseinführung Barack Obamas. Der Artikel machte auf eine Studie japanischer Umweltaktivisten aufmerksam. Sie hatten bewiesen, so hieß es im Text, dass Gedichte an den Wänden von Badezimmern und Toilettenkabinen den Verbrauch von Klopapier um 20 Prozent senken würden. Tatsächlich? – dachte ich mir. Na dann ist das mit dem Klimawandel ja gar kein Problem mehr. Wir tafeln einfach alle unsere Wände mit Texten von Goethe und Brecht zu und fertig ist die Weltrettung. Super Idee. Wie immer war ich hellauf begeistert vom Informationsgehalt des australischen „Online Newspaper of the Year“.

Montag, 19. Januar 2009

Liebe Sonne

Ich habe mich geirrt. Noch vor kurzem war ich schwer verliebt. Da hieß es dann immer nur: Mein Blog und ich, ich und der Blog, …Ewig konnte das ja so nicht weitergehen. Ich hätte gleich erkennen müssen, dass das nicht von Dauer ist. Zwar war das Leben mit dem Blog schon irgendwie aufregend und spritzig, etwas Neues eben. Aber jetzt, nachdem die erste Euphorie verflogen ist, wird mir klar, dass sich unserer Beziehung eher auf freundschaftlicher Basis abspielt. Um ehrlich zu sein drehen sich meine Gedanken seit kurzem auch wieder um eine andere, längst vergessene Liebe. Leider ist mir das viel zu spät bewusst geworden. Denn sie ist von mir gegangen. Seit Monaten habe ich sie nicht mehr gesehen. Nur von Weitem strahlt sie mich manchmal an. Dann stelle ich mich ganz aufrecht hin, strecke mich ihr entgegen. Trotz der Entfernung kitzeln ihre Strahlen mein Gesicht. Wie ein warmer Schauer durchfährt sie meinen Körper. Durch Arme und Beine. Klettert meinen Nacken hinauf bis in die Haarspitzen. Die kleinen Härchen auf meiner Haut stellen sich auf, strecken sich der warmen Brise entgegen. Ich atme tief ein und alles, was mich bedrückt, fällt von mir ab. Mir wird klar, dass auch diese Liebe unbeständig ist. Wie sie kommt, so geht sie auch wieder - und hinterlässt eine traurige Kälte. Ich bin ihr hoffnungslos verfallen. Mein letzter Lichtblick ist die Reise, die mir bevorsteht. Der 32-Stunden Flug ins Nirvana hält mich nicht davon ab, ihr meine Zuneigung zu bekunden. Noch 23 Tage, 13 Stunden und 42 Minuten – dann werde ich sie wiedersehen. Ich werde mich ihr entgegenstellen, die Arme ausbreiten und alle Sorgen der letzten Wochen von mir abfallen lassen.

Donnerstag, 15. Januar 2009

Wer bitte ist denn Kevin Rudd?

Kevin Rudd wurde am 21. September 1957 im beschaulichen Nambour, Queensland geboren. Als Sohn eines Farmers wuchs er in der behüteten 12.000 Seelen-Kleinstadt am Fuße der Blackall Range auf. Die Nähe zur Sunshine Coast und dem etwa 100 Kilometer nördlich gelegenen Brisbane erweckten in dem jungen Kevin schon früh die Abenteuerlust. So zog er los, um die Welt zu entdecken. Als Diplomat reiste er in viele Länder, lernte die Sprachen fremder Nationen. Irgendwann kehrte Kevin in sein Heimatland zurück. Dort stieg er in die Politik ein und wurde schnell zum stärksten Mann in seiner Partei. Heute ist Kevin 51 Jahre alt, sein Haar ergraut. Für Abenteuer und Reisen hat er wohl kaum mehr Zeit. Und wenn ihr euch fragt, wer zum Teufel Kevin Rudd überhaupt ist, kann ich das gut verstehen. Vor ein paar Tagen hätte ich diesen Namen wohl auch eher einem britischen Rugby-Spieler zugeordnet, als dem wichtigsten Mann des sechstgrößten Landes dieser Erde. Richtig gehört, Kevin Rudd ist der amtierende australische Premierminister. Im Jahr 2007 erlangte er mit der Labour Party die Mehrheit der Stimmen und sitz seitdem im Parliament House in Canberra. Sein Vorgänger, John Howard, ist euch wahrscheinlich ebenso wenig geläufig wie der allererste Premierminister Australiens, Sir Edmund Barton. Beide Namen sagen zumindest mir überhaupt nichts. Wie so oft, wenn es um Australien geht, habe ich keinen blassen Schimmer. Ich kenne weder das politische System Australiens, noch einen einzigen Minister. Berühmte Persönlichkeiten, die aus Australien stammen, kann man an einer Hand abzählen. Es gibt keinen nennenswerten australischen Schriftsteller, wie etwa Goethe oder Shakespeare. Und auch die Kunstszene down under steckt noch in den Kinderschuhen. Womit sich die Aussies rühmen, ist der Sport. Hier glänzen sie in so ziemlich allen Disziplinen, spielen fast immer ganz vorne mit. In den westlichen Medien spielt der fünfte Kontinent so gut wie keine Rolle. Die großen Web-Archive bekannter Blätter wie Spiegel oder Times führen erschreckend wenige Artikel, die australische Belange zum Inhalt haben. Ich habe mir den Spaß gemacht und das Spiegel-Online Archiv der letzten Wochen durchforstet. Während allein für die letzten vier Tage über hundert Artikel mit dem Stichwort „USA“ angezeigt wurden, konnte ich mit „Australien“ als Stichwort gerade mal acht Texte finden, wobei einer vom Dschungel-Camp und ein weiterer vom Formel 1-Court in Melbourne handelte. Man könnte also meinen, es sei nicht unsere Schuld, dass wir Kevin Rudd, Sir Edmund Barton und wie sie nicht alle heißen, nicht kennen. Da ich mich aber in weniger als einem Monat down under begebe, fühle ich mich absolut unzureichend informiert. Klar, ich könnte die regionalen Zeitungen wie etwa „The Age“ oder die „Herald Sun“ im Internet durchforsten. Dennoch ist es mir ein Rätsel, warum ein so riesiges Land wie Australien bei uns so wenig Bedeutung erfährt.

Montag, 5. Januar 2009

Abschiede – Der Tragödie zweiter Teil

Was ist es eigentlich, das wir an Abschieden so fürchten? Fehlt uns der Körper des anderen? Der Geist? Ist es nicht unsinnig zu glauben, es ginge einem schlecht, nur weil ein anderer Mensch nicht am selben Ort ist? Nüchtern gesehen könnte man sagen: der Mensch ist ein Gewohnheitstier. Muss er sich von jemandem verabschieden, ändert das sein gewohntes Leben. Kein Wunder also, dass er sich unwohl fühlt. Ein weiterer Grund für unsere Angst vor Abschieden könnte auch sein, dass Abschiede oftmals an wirklich undankbaren Orten stattfinden. Wer hat nicht schon mal auf einem zugigen Bahnsteig dem davon rollenden Zug hinterher gewunken und gehofft, irgendjemand möge die Notbremse ziehen – oder in der Hektik einer Flughafenhalle versucht, die richtigen Worte für einen langen Abschied zu finden? Allein der Gedanke an diese Orte erinnert viele an die schmerzlichen Abschiede, die sie dort erlebt haben. Ich wage nun aber mal die Theorie, dass die Wurzeln des Abschiedschmerzes etwas tiefer sitzen. Nicht die Kälte der Bahnhofshalle lässt uns zittern, sondern die Angst etwas zu verlieren. Wir fürchten uns vor der Veränderung, die ein Abschied mit sich bringt. Wir haben Angst, dass sich die Personen und Orte, die wir zurücklassen, verändern – ohne uns weiterentwickeln. Denn jeder Abschied birgt auch immer einen neuen Anfang. Selbst nicht Teil dieser Veränderung sein zu können ist es, was uns Angst macht.

Abschiede – Der Tragödie erster Teil

Von geliebten Dingen Abschied nehmen fällt schwer. Es bereit einem Unbehagen. Man fühlt sich traurig - hilflos zugleich über die eigene Unfähigkeit, etwas an der Situation zu ändern. Deshalb vermeiden wir Abschiede im Alltag so oft es geht. Wer denkt denn schon daran, sich bei jedem Mal zu verabschieden, wenn man den Raum verlässt oder zur Toilette geht? In dem Gewissen, sich am nächsten morgen noch immer in den Armen zu liegen, begnügen sich auch Pärchen allabendlichen mit einem einfachen „Gut’ Nacht“. Und so zwingt uns der Alltag diese unangenehme Geste auf größere Momente zu konzentrieren. Wenn zum Beispiel der Zeitpunkt des Wiedersehens nicht absehbar ist – dann fällt der Abschied schwer. Die wirklich großen Abschiede kündigen sich meist schon im Voraus an. Tag für Tag verabschiedet man sich ein Stück mehr voneinander, ohne es zu merken. Das endgültige Lebewohl fällt dann nicht mehr ganz so schwer. Klar gibt es Tränen und Geheul, aber im Innern hat man sich längst damit abgefunden. Auch mir geht es so. Seit über zwei Jahren beschäftige ich mich nun schon mit dem mir bevorstehenden Auslandssemester. In dieser Zeit habe ich so ziemlich alle Phasen der Abschiedsangst durchlebt. Stück für Stück habe ich mich mit dem Gedanken angefreundet, ein halbes Jahr in einem fremden Land ohne Freunde und Familie zu verbringen. Es fiel mir nicht immer leicht. Besonders die Tatsache, dass die Liebsten um mich herum scheinbar unberührt von meiner baldigen Abreise blieben, verunsicherte mich sehr. Meine Gedanken drehten sich schließlich ausnahmslos nur darum. Undenkbar, dass meine Freunde auch noch andere Dinge im Kopf haben konnten?! Schlussendlich habe ich eingesehen, dass es nicht wichtig ist, ob und wie sie sich den Kopf darüber zerbrechen. Denn es ist ja nicht ihre Reise. Für sie steht nun an, was ich schon seit einer Weile tue. Sie müssen sich von mir verabschieden. Jeden Tag, jede Stunde, die ich noch hier bin. Und es wird einfach so passieren, ohne dass sie es wirklich spüren.