Donnerstag, 15. Januar 2009

Wer bitte ist denn Kevin Rudd?

Kevin Rudd wurde am 21. September 1957 im beschaulichen Nambour, Queensland geboren. Als Sohn eines Farmers wuchs er in der behüteten 12.000 Seelen-Kleinstadt am Fuße der Blackall Range auf. Die Nähe zur Sunshine Coast und dem etwa 100 Kilometer nördlich gelegenen Brisbane erweckten in dem jungen Kevin schon früh die Abenteuerlust. So zog er los, um die Welt zu entdecken. Als Diplomat reiste er in viele Länder, lernte die Sprachen fremder Nationen. Irgendwann kehrte Kevin in sein Heimatland zurück. Dort stieg er in die Politik ein und wurde schnell zum stärksten Mann in seiner Partei. Heute ist Kevin 51 Jahre alt, sein Haar ergraut. Für Abenteuer und Reisen hat er wohl kaum mehr Zeit. Und wenn ihr euch fragt, wer zum Teufel Kevin Rudd überhaupt ist, kann ich das gut verstehen. Vor ein paar Tagen hätte ich diesen Namen wohl auch eher einem britischen Rugby-Spieler zugeordnet, als dem wichtigsten Mann des sechstgrößten Landes dieser Erde. Richtig gehört, Kevin Rudd ist der amtierende australische Premierminister. Im Jahr 2007 erlangte er mit der Labour Party die Mehrheit der Stimmen und sitz seitdem im Parliament House in Canberra. Sein Vorgänger, John Howard, ist euch wahrscheinlich ebenso wenig geläufig wie der allererste Premierminister Australiens, Sir Edmund Barton. Beide Namen sagen zumindest mir überhaupt nichts. Wie so oft, wenn es um Australien geht, habe ich keinen blassen Schimmer. Ich kenne weder das politische System Australiens, noch einen einzigen Minister. Berühmte Persönlichkeiten, die aus Australien stammen, kann man an einer Hand abzählen. Es gibt keinen nennenswerten australischen Schriftsteller, wie etwa Goethe oder Shakespeare. Und auch die Kunstszene down under steckt noch in den Kinderschuhen. Womit sich die Aussies rühmen, ist der Sport. Hier glänzen sie in so ziemlich allen Disziplinen, spielen fast immer ganz vorne mit. In den westlichen Medien spielt der fünfte Kontinent so gut wie keine Rolle. Die großen Web-Archive bekannter Blätter wie Spiegel oder Times führen erschreckend wenige Artikel, die australische Belange zum Inhalt haben. Ich habe mir den Spaß gemacht und das Spiegel-Online Archiv der letzten Wochen durchforstet. Während allein für die letzten vier Tage über hundert Artikel mit dem Stichwort „USA“ angezeigt wurden, konnte ich mit „Australien“ als Stichwort gerade mal acht Texte finden, wobei einer vom Dschungel-Camp und ein weiterer vom Formel 1-Court in Melbourne handelte. Man könnte also meinen, es sei nicht unsere Schuld, dass wir Kevin Rudd, Sir Edmund Barton und wie sie nicht alle heißen, nicht kennen. Da ich mich aber in weniger als einem Monat down under begebe, fühle ich mich absolut unzureichend informiert. Klar, ich könnte die regionalen Zeitungen wie etwa „The Age“ oder die „Herald Sun“ im Internet durchforsten. Dennoch ist es mir ein Rätsel, warum ein so riesiges Land wie Australien bei uns so wenig Bedeutung erfährt.

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