Montag, 5. Januar 2009

Abschiede – Der Tragödie zweiter Teil

Was ist es eigentlich, das wir an Abschieden so fürchten? Fehlt uns der Körper des anderen? Der Geist? Ist es nicht unsinnig zu glauben, es ginge einem schlecht, nur weil ein anderer Mensch nicht am selben Ort ist? Nüchtern gesehen könnte man sagen: der Mensch ist ein Gewohnheitstier. Muss er sich von jemandem verabschieden, ändert das sein gewohntes Leben. Kein Wunder also, dass er sich unwohl fühlt. Ein weiterer Grund für unsere Angst vor Abschieden könnte auch sein, dass Abschiede oftmals an wirklich undankbaren Orten stattfinden. Wer hat nicht schon mal auf einem zugigen Bahnsteig dem davon rollenden Zug hinterher gewunken und gehofft, irgendjemand möge die Notbremse ziehen – oder in der Hektik einer Flughafenhalle versucht, die richtigen Worte für einen langen Abschied zu finden? Allein der Gedanke an diese Orte erinnert viele an die schmerzlichen Abschiede, die sie dort erlebt haben. Ich wage nun aber mal die Theorie, dass die Wurzeln des Abschiedschmerzes etwas tiefer sitzen. Nicht die Kälte der Bahnhofshalle lässt uns zittern, sondern die Angst etwas zu verlieren. Wir fürchten uns vor der Veränderung, die ein Abschied mit sich bringt. Wir haben Angst, dass sich die Personen und Orte, die wir zurücklassen, verändern – ohne uns weiterentwickeln. Denn jeder Abschied birgt auch immer einen neuen Anfang. Selbst nicht Teil dieser Veränderung sein zu können ist es, was uns Angst macht.

Keine Kommentare: